Einseitig und oberflächig
Katalog Tragfläche, Edition Braus, 1996 

Von Michael Bockemühl

Die Serie Framente von Antje Smollich weist indessen jegliche Illusionswerte ab. Zwischen einem dunklen, auf seiner Spitze stehenden Kreis-Segment aus Preßspanplatte und einem oder auch zwei unregelmäßigen Polygonen aus Acrylglas befindet sich weiße Farbpaste. Diese wirkt wie mit der Glasform in wenigen großen Zügen ungleich dick auf die Spanplatte aufgespachtelt oder aufgedrückt, wobei schließlich die durchsichtige Glasplatte an der Stelle belassen wurde, wo sie auch jetzt sichtbar als Deckschicht im inzwischen getrockneten Farb-Pigment klebt. Zwischen dem Untergrund, der hier nur gelegentlich durchscheint, und der durchsichtigen Acrylglasscheibe wird die Farbe höchst massiv als dingliche Gegebenheit ins Bewußtsein gerückt. Die Masse des Farbstoffs selbst wird zum plastischen Element zwischen einer Grund- und einer Oberschicht. Die Variationen des Entstehungsvorgangs von Gebilde zu Gebilde zeigen jedoch nicht nur das plastische Volumender Farbe, sondern auch die Variation ihrer Flächenverbreitung und sogar ihrer Transparenz. Die eine Farbsubstanz zeigt hier im Kontext daher alle Qualitäten von der Diaphanie bis hin zur kompakten Geschlossenheit. Sie zeigt sich - wie auch immer - als Zwischenwert zwischen dem Material der transparenten Grundplatte und des undurchsichtigen Preßspan-Grundes. Die verschiedenen Wirkungsebenen des Farbstoffs werden dinglich gezeigt - mit der Folge, daß auch diese in einen bildlichen Wirkungszusammenhang treten.